Es sind gute Tage für Fans von VR-Shootern: Für unter 10 Euro kämpfen Spieler in „Honor and Duty: D-Day“ mit der PSVR-Brille in einer Comic-Version des Zweiten Weltkriegs. Doch wie gut kann ein so günstiger Shooter sein?
Die Bakers – eine schrecklich abstoßende Familie
Achtung: Spoiler aus den ersten zwei Stunden des Spiels folgen.
Normalerweise mag ich bei Rezensionen keine Superlative. „Das packendste Spiel ever!“ – „Der spannendste Shooter aller Zeiten!“ – „Der bisher beste Teil der Serie!“ Beim Survival-Horror-Spiel „Resident Evil 7“ könnte man eine Ausnahme machen: „Resi 7“ ist ein Horrorerlebnis, das seinesgleichen sucht.
Das liegt auch an der vergleichsweise jungen Technik, die das Spiel nutzt: die Virtual Reality, die in diesem Fall mit der PlayStation-VR-Brille für die PlayStation 4 zum Leben erweckt wird. Um die Faszination von virtueller Realität zu beschreiben, wird gerne das Schlagwort Immersion verwendet. Immersion beschreibt das Hineingezogenwerden in eine virtuelle Welt. In „Resident Evil 7“ wird der Spieler dank VR in einen Überlebenskampf hineingezogen.
Dabei will Hauptcharakter Ethan eigentlich nur seine Freundin zurückhaben: Drei Jahre lang war Mia verschollen. Dann bekam Ethan eine kurze Email, dass seine Freundin im Anwesen der Familie Baker abgeholt werden möchte. Also zieht Ethan los. Das Baker-Haus liegt tief verborgen in den Wäldern der USA, weitab jeder Zivilisation. Ein klassisches Horrorsetting also. „Resident Evil 7“ kombiniert grundlegende Gruselelemente aus Filmen wie „Texas Chainsaw Massacre“, „Paranormal Activity“ und „Blair Witch Project“: Es geht also um eine verrückte Mörderfamilie mit Kettensäge, eine besessene junge Frau sowie Splatterszenen, die mit einer wackeligen Videokamera festgehalten wurden.
Kurz nachdem Ethan das scheinbar verlassene Gästehaus der Bakers betreten hat, nimmt das Böse seinen Lauf: Zwar kann Ethan seine Mia aus einem Kellerverlies befreien. Doch schnell wird klar, dass Mia nicht mehr nur die zarte Schönheit von früher ist. Sie verwandelt sich immer wieder unkontrolliert in eine Bestie, die den gleichen Schminksalon wie die kleine Regan im Filmklassiker „Der Exorzist“ besucht.
Zur Verteidigung muss Ethan seine Waffen – zu Beginn nur eine Axt, später auch Schusswaffen – gegen Mia und die verrückten Hausbesitzer richten. Die Bakers sind ganz vorzügliche Zeitgenossen: Sie verspeisen gerne Menschenfleisch und brauchen dafür regelmäßig Nachschub. Sind sie auch für Mias Veränderung verantwortlich? Das muss Ethan herausfinden, indem er das Haus erkundet und Videokassetten einsammelt, die auf einem Recorder abgespielt werden. Um den Irren zu entkommen, müssen außerdem einige Rätsel gelöst werden.
In erster Linie aber muss Ethan überleben. In den düsteren Gängen des Anwesens versteckt er sich hinter Möbeln und hofft, dass nicht einer der Kannibalen unvermittelt die nächste Wand einreißt. In den Kampfszenen kommen einem die blutrünstigen Bakers und Mia dank VR-Brille so nah, dass selbst hartgesottene Splatterfans vor Angst schreien werden.
Die abstoßend-bedrohliche Ästhetik des Spiels ist beeindruckend. Mit der VR-Brille flimmert die Grafik allerdings stark, und auch die „fliegenden Unterarme“ des Hauptcharakters sind ein unschöner Bruch. Bisher haben die Spieleentwickler von VR-Games keine gute Lösung gefunden, um Gliedmaßen realistisch darzustellen, daher schweben die Hände – losgelöst vom Rest des Körpers – im Raum.
Immerhin findet „Resident Evil 7“ für zwei andere Knackpunkte der virtuellen Realität gute Lösungen, nämlich für die drohende Übelkeit und für die Steuerung des Hauptcharakters. Denn bisher sind viele VR-Spieler enttäuscht, wenn sie sich mit der Brille „nur“ umgucken und nicht selbst im Raum herumlaufen können. In einigen Spielen – etwa im Batman-Simulator „Batman: Arkham VR“ – steht die Spielfigur wie festgenagelt auf einem Punkt und kann nur statisch per Knopfdruck von einem Ort zum nächsten springen.
„Resi 7“ umgeht diese Probleme mit einer Steuerungskombination aus VR-Brille und traditionellem Controller: Mit dem rechten der beiden Analogsticks können sich Spieler entweder stufenlos oder in festen Schritten (zum Beispiel um 30 Grad) drehen. Das stufenweise Drehen hilft, Übelkeit zu verhindern. Mit dem linken Stick läuft man währenddessen. Gut funktioniert zudem das Zielen mit Handfeuerwaffen: Mit dem linken Schulterknopf des Controllers legt der Spieler an; das präzise Zielen passiert dann durch eine Kopfbewegung mit der VR-Brille. Man guckt also dorthin, wohin man schießen will. Mit dem rechten Schulterknopf drückt man ab. Mit diesem Steuerungsmodell kamen Schwindelgefühle bei mir auch nach über einer Stunde Spielzeit am Stück nicht auf.
Das Erfolgsrezept von „Resident Evil 7“ liegt darin, die Balance zu halten zwischen einem Gefühl der totalen Verwundbarkeit – Ich könnte jeden Moment sterben! – und der fairen Chance, dass man seinen Widersachern doch entkommen könnte – Dann verstecke ich mich hinter dem Tisch, oder hole die Axt zur Verteidigung raus!
Dieser Zwiespalt spiegelt sich in der damsel in distress Mia: Die junge Frau schwankt zwischen verletzlicher Schönheit und unbändigem Wahnsinn. In einem Moment schleicht man mit der ängstlichen Mia dunkle Gänge entlang, um der Baker-Familie zu entkommen. Im nächsten Augenblick wird Mia selbst zum Monster, rammt einem das Messer in die Schulter. Dabei grinst sie einen speichelspuckend-irre an – und zwar gefühlte fünf Zentimeter vorm Gesicht des Spielers.
Den radikalen Umschwung von Hoffnung zu Panik und wieder zurück zelebriert „Resident Evil 7“ wie kein Spiel oder Film zuvor.
Bilder: © Capcom.
Die Funktionsweise und die Zukunftsaussichten von VR habe ich hier ausführlicher beschrieben.
Im Abenteuerspiel „Virginia“ sucht FBI-Neuling Anne Tarver nach einem verschollenen Jungen. Das erinnert an einem spielbaren Comicfilm, der einfach zu meistern ist. Zu empfehlen für Spieler, die es mögen, wenn sich eine Story langsam entfaltet und erst spät zum Höhepunkt kommt.
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Im Strategiespiel „This is the Police“ muss der Polizeichef Jack Boyd gegen Korruption kämpfen und kann sich selbst mit Mafia und anderen Mächtigen einlassen. Das ist optisch opulent und spielerisch raffiniert umgesetzt. Klare Empfehlung!
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Nordkorea marschiert in den USA ein: Das Actionspiel „Homefront: The Revolution“ verfolgt ein abwegiges Szenario. Als Einzelkämpfer muss man sich gegen die Besatzer durchschlagen. Das ist handwerklich gut gemacht – doch der Aufstand hat seine Tücken.
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„Der Weltraum, unendliche Weiten…“ Seit Jahrzehnten fasziniert dieses Motiv Science-Fiction-Filme und -Spiele. Selten fühlte man sich auf einer Raumstation so verlassen wie in dem Computerspiel „P.O.L.L.E.N“ – aber auch selten so gelangweilt.
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Eine düstere Stadt und Rätsel, deren Regeln nie erklärt werden: Im Computerspiel „North“ fühlt sich der Spieler so verlassen wie in einem Buch von Franz Kafka. Die Entwickler finden damit einen außergewöhnlichen Zugang zum Thema Flüchtlinge.
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Eine Euphoriewelle ging durch die Gamingszene, als Ende 2014 die ersten Filmszenen von „Hardcore Henry“ erschienen. Auch ich habe gejubelt, weil ich mich schon lange gefragt hatte, wann endlich der erste Kinofilm kommen würde, der komplett aus der Sicht des Hauptcharakters erzählt wird. Anders gesagt: wann Filmemacher endlich nutzen würden, was Ego-Shooter-Spiele so eindrucksvoll macht.
Jetzt ist „Hardcore Henry“ auf der Leinwand angekommen. Aber leider hat der Film außer dem Ego-Aha-Effekt nicht viel mehr Gutes, dafür aber viel Zweifelhaftes zu bieten. Ich muss sagen: Es reicht, sich die sechs Minuten Filmszenen von damals anzusehen.
Denn der endgültige Film ist im Grunde genommen ein auf eineinhalb Stunden gestreckter Trailer. Von der schon damals gezeigten Action gibt es jede Menge: Hauptcharakter Henry wütet als Supersoldat unter seinen Feinden, ballert zahllose Maschinengewehrmagazine leer und nutzt auch oft schlicht seine Hände, um Gegnern ein Ende zu bereiten – und der Zuschauer erlebt das alles direkt aus Henry Sicht. Stundenlang werden Bauchdecken aufgerissen, Herzen herausgeschnitten, und jede Menge Leute abgestochen, abgestochen, abgestochen.
Respekt muss man „Hardcore Henry“ für die Stunts zollen. In einigen Verfolgungspassagen klettert der Hauptcharakter im Parcours-Stil die Wände hoch, was aus Ego-Sicht eindrucksvoll ist. Doch diese Tour de Force nutzt sich schnell ab, weil sie einfach zu brutal und over-the-top ist. Und vor allem, weil eine gute Geschichte fehlt. Klischeegerecht wacht der Hauptcharakter zu Beginn des Films auf und weiß nicht mehr, wer er ist, was mit ihm passiert ist (zum Beispiel, warum ihm ein paar Gliedmaßen fehlen, und warum er nicht mehr reden kann).
Ohne Story fehlt „Hardcore Henry“ der Kitt, um die brutalen Filmszenen halbwegs sinnvoll zu verknüpfen.
Schuld an dem Schlamassel ist Bösewicht Akan, der mit seinem morbiden Aussehen einem „Herr der Ringe“-Streifen entsprungen sein könnte. Der Fiesling entführt Henrys Frau, die als klassische damsel-in-distress im Laufe des Films immer wieder gerettet werden will. Begleitet wird Henry von einem skurrilen Sidekick, der vollkommen überzeichnet von Sharlto Copley gespielt wird. Und natürlich enttarnt sich im Laufe des Films auch ein Verräter. Fesseln kann diese Story nicht. Zugleich nimmt sie sich selbst zu ernst, als dass sie beim Zuschauer für Schmunzeln sorgen könnte.
Natürlich kranken auch viele Videospiele, durch die „Hardcore Henry“ ja inspiriert ist, an abgedroschenen Hintergrundgeschichten. So abwesend wie in „Hardcore Henry“ ist ein sinnvoller Storyverlauf aber selten. Dadurch fehlt der Kitt, um die brutalen Actionszenen halbwegs in einen inhaltlichen Zusammenhang zu stellen. „Hardcore“ mutet eher wie eine Gewaltporno-Compilation an, die einige Menschen befriedigen, den Großteil des Publikums allerdings abstoßen dürfte. Regisseur Ilya Naishuller hat mit „Hardcore Henry“ einen Mordsimulator geschaffen, der so gut und so schlecht ist wie das platteste Videospielklischee. Deshalb heißt es jetzt warten auf einen Film, der die Ego-Perspektive nutzt und inhaltlich etwas liefern kann.
Was für ein Mist, den die geheimen US-Soldatzen in Libyen ausbaden müssen! Und dann ist Uncle Sam auch noch sowas von undankbar. – So könnte man salopp den Kriegsstreifen „13 Hours: Secret Soldiers of Benghazi“ zusammenfassen.
In der libyschen Hauptstadt Benghasi ist ein Abhörteam auf einem geheimen CIA-Stützpunkt untergebracht. Für dessen Schutz sind einige Ex-Elitesoldaten verantwortlich. Das mit der Bewachung klappt soweit auch ganz gut – bis kurz vorm elften Jahrestag von 9/11 der US-Botschafter entscheidet, Benghasi einen Besuch abzustatten. Denn als Botschafter Chris Stevens auf eigene Faust vor den örtlichen Fernsehkameras spricht, wird er zum leichten Opfer für islamistische Milizen. Die überfallen sein provisorisches Botschaftsgelände, was die Soldaten des geheimen CIA-Stützpunkts auf den Plan ruft. Ab diesem Punkt schießt sich das Team den Weg in Benghasi frei, um gegen Hunderte libysche Angreifer zu bestehen. Doch den Botschafter können sie nicht mehr retten. Schließlich werden sie auf dem ursprünglichen Stützpunkt eingekesselt. Die verzweifelt angeforderte Hilfe vom Hauptkommando kommt viel zu spät. Nicht alle US-Soldaten schaffen es zurück nach Amerika.
Jeder könnte ein Feind sein!
In Michael Bays Actionstreifen wird die Perspektive der Libyer weitgehend ausgeklammert. Allerdings gibt es klischeegerecht den einen Libyer, der sich den US-Kräften angeschlossen hat und im Film als Stellvertreter für das gesamte libysche Volk dient. Von den Elitesoldaten muss er sich belehren lassen, er solle sein Land mal in Ordnung bringen – so kann man die Analyse eines komplexen Konflikts auch auf einen Satz herunterdampfen. Indirekt wird der muslimische Glauben pauschal mit Terrorismus verknüpft: In einer Kampfpause guckt einer der US-Soldaten verächtlich zu den Muslimen, die in einem Hof gen Mekka beten – eine subtile Schuldzuweisung. Dass man abseits dessen darüber nachdenken könnte, warum die USA überhaupt geheime Basen wie in Benghasi unterhalten, ist keine Frage im Kosmos der Militärfilme. Stattdessen drückt „13 Hours“ dem Publikum drei Botschaften mit dem Holzhammer auf:
1. Botschaft: Wenn das US-Militär spart, ist das Mist! Denn so können die US-Elitesoldaten nicht mit der vollen Kriegsmaschinerie unterstützt werden: Es gibt keine F16-Tiefflüge, die die Angreifer verschrecken könnte, und auch keine Gunships mit 40mm-Kanone, die schnell für „Ordnung“ sorgen könnten. Diese Kritik kristallisiert sich im CIA-Station-Chief: einem feigem Bürokraten, der nicht rechtzeitig zu rabiaten Mitteln greift.
2. Botschaft: Jeder könnte ein Feind sein! Tausendmal wird im Film die Frage wiederholt: „Sind das die Leute vom 17. Februar?“ – also: Können wir den Typen trauen? (Es geht hier um die Revolutionäre, die den Amerikanern eher freundlich gesinnt sind.)
3. Botschaft: Das Einzige, was schöner ist als Amerikaner zu sein, Soldat zu sein oder an Gott zu glauben, ist, alle drei Dinge für die Pflichterfüllung zu vereinen. „13 Hours“ treibt das Heldentum auf die Spitze: Wenn die muskelbepackten Soldaten über Zäune klettern müssen, dann meckern sie: Ich bin zu alt zum Klettern! Gegen Ende des Films wird einem Soldaten der halbe Arm von einer Mörsergranate abgerissen. Doch auf der Krankenstation schreit der Geschundene nicht etwa vor Schmerzen – nein, er sagt: Ich brauche ’ne Knarre, falls der Feind hier vorbeikommt!
Auch Popkultur macht Geschichte.
Nun kann man die Frage stellen: Warum die Aufregung? Wieso sollte man von einem Actionfilm etwas anderes erwarten? Stimmt einerseits. Aber solche Filme prägen durch die Fragen, die sie aufwerfen (oder eben nicht aufwerfen) in erheblichem Maß das Bild, wie wir auf Konflikte blicken. Popkultur macht auch Geschichte. Und „13 Hours“ ist kein Film, an dessen Ende man den behandelten Konflikt in irgendeiner Weise besser verstehen würde. Zudem ist die Kritik an den Sparmaßnahmen in der Armee ein Statement gegen die aktuelle Politik in den USA – nur eben untergejubelt im Actionfilm-Gewand. Deutlicher sichtbar ist die Ästhetik der Gewalt, der gehuldigt wird: Bei vielen Gefechten blickt der Zuschauer direkt durch das Zielfernrohr – und sieht so Kopfschuss für Kopfschuss mit an, wie das Gehirn libyscher Angreifer spritzt. Visueller „Höhepunkt“ ist der Kameraflug hinter einer Mörsergranate, die man auf ihrem Weg verfolgt: vom Einwurf in die Abschussvorrichtung, über den Flug durch die Wolken, bis hin zum Einschlag auf einem Dach des CIA-Geländes.
„13 Hours“ macht es einem schwer, den epischen Landschaftsbildern und dem Heldenpathos nicht zu erliegen: Schließlich sind das doch gute Männer, die da in Libyen nur aus Notwehr alles niederschießen! Doch denkt man einen weiteren Moment über den Film nach, überwiegt doch der Zweifel, ob ein stumpfer Actionfilm der richtige Weg ist, einen Konflikt wie in Libyen zu beleuchten. Am Ende von „13 Hours“ werden übrigens zwei US-amerikanische Soldatenopfer geehrt. Die niedergemähten Pappkameraden der Libyer sind da schon wieder vergessen.
Foto: Skitterphoto auf Pixabay.
Achtung: Spoiler folgen, die die Handlung bis zur Mitte des Films betreffen.
Ein junger Mensch wächst auf einem Wüstenplaneten auf, ohne seine Familie zu kennen. Ein Bösewicht ist die Marionette seines noch fieseren Meisters. Ein niedlicher Droide beherbergt eine Datei, die das Schicksal der Galaxie entscheiden könnte.
Hört sich an wie „Star Wars: Episode IV“? Oder eher „Episode VII“? Oder beides? Bingo. Die Handlung des siebten „Star Wars“-Film ist parallel zum ersten „Krieg der Sterne“ von 1977 angelegt. Teil sieben verlässt sich damit auf ein Erfolgsrezept, das heute so gut funktioniert wie vor 38 Jahren – auch wenn mancher Kinogänger murren dürfte, dass die Macher damit auf eine „billige Variante“ gesetzt haben. Wie der Beginn der Ursprungs-Trilogie bedeutet auch der Start der neuen Story, dass ein Heldenzyklus seinen Lauf nimmt. Die jungen Wilden in „Episode VII“ – Rey und Finn – müssen ihren Weg noch finden und sich damit anfreunden, Verantwortung zu tragen. Schon jetzt ist abzusehen, dass sie im nächsten Teil einen herben Rückschlag erleben, bevor dann im Finale das Gute obsiegen wird. Ein simples Erzählmuster, das Menschen seit Jahrzehnten begeistert.
Kylo Ren ist nicht so furchteinflößend wie Darth Vader – und zum Glück auch nicht so eindimensional.
Allerdings setzen die Drehbuchautoren Lawrence Kasdan, J. J. Abrams und Michael Arndt auch neue Akzente. Den früheren Teilen wurde zurecht die weitgehende Abwesenheit von Frauen vorgeworfen. Sowohl in der ursprünglichen Trilogie von 1977 bis 1983 als auch in den neuen Teilen von 1999 bis 2005 war jeweils nur eine Frau unter den Hauptcharakteren. Das ist insofern ein Problem, weil die Filme dadurch suggerierten, dass es starke Frauen nur als Ausnahme in einem männerdominierten Universum geben könnte. Einige der ersten sechs Teile fielen peinlicherweise sogar durch den Bechdel-Test. Mit dem neuen Teil ändert sich das. Der neue Hauptcharakter ist Rey, eine geborene Anführerin. Konterkariert wird ihr selbstloses und zugleich überlegtes Verhalten durch den zweitwichtigsten Helden Finn, der in der ersten Filmhälfte eher egozentrisch und zuweilen feige handelt. Abseits von Rey, die alle Sympathie auf sich zieht, arbeiten nun auch Frauen bei den Sturmtruppen und auf der Brücke von Kriegsschiffen.
Eine weitere positive Überraschung in „The Force Awakens“ ist der neue Bösewicht, der zwar nicht als „neuer Darth Vader“ gelten kann – doch gerade das ist gut. Denn Kylo Ren ist sicherlich nicht so furchteinflößend wie der Bösewicht der Filmgeschichte. Jedoch ist er auch nicht so eindimensional wie sein Vorbild. Als Kylo Ren seine Maske abnimmt und der Zuschauer sein jungenhaftes Antlitz erblickt, verraten Rens Zuckungen und wuterfüllte Augen, wie innerlich zerrissen der dunkle Lord eigentlich ist. Diese Vielschichtigkeit hat er Darth Vader voraus. Einer der spannendsten Momente des Films ist das Aufeinandertreffen der neuen Helden mit den Charakteren der alten „Star Wars“-Teile. Als Han Solo und Chewbacca das erste Mal Rey und Finn begegnen, zeigt sich schnell, dass alte und neue Charaktere gut harmonieren. „Episode VII“ spart dabei nicht an albernen Verweisen auf die Ursprungstrilogie. Das ist in Ordnung, denn der „Star Wars“-Humor war stets etwas schrullig. So grummelt der bärenhafte Chewbacca auch im neuen Film zur Freude der Zuschauer. Und der niedliche Droide BB-8 piepst sich schnell in die Herzen des Publikums.
Die überreizten Spezialeffekte wecken unangenehme Erinnerungen an die Episoden I bis III.
Dank der Spezialeffekte haben die Waffen in „The Force Awakens“ eine Durchschlagskraft, wie sie in den „Star Wars“-Filmen bisher ungekannt war. Han Solos Blaster wirkt wie die Laserversion eines 44er Magnum-Revolvers, Chewbaccas Armbrust mutet wie ein strahlengestützter Granatwerfer an. Der neue Film ist damit den Sehgewohnheiten einer Generation angepasst, die mit Egoshootern aufgewachsen ist. Leider begeht J. J. Abrams zuweilen den Fehler, die Möglichkeiten der Computereffekte zu überreizen: Eine Szene, in der Tentakelmonster angreifen, dient eher den Muskelspielen des Trickstudios, als dass sie für die Geschichte notwendig gewesen wäre. Die Kampfstation Starkiller Base, wesentlich zerstörerischer als der legendäre Todesstern, wirkt wie effektheischende Staffage. Auch hätten manche der computeranimierten Charaktere ebenso gut von Menschen gespielt werden können – wie im Fall von „Yodas hässlicher Schwester“, wie ein Bekannter von mir die weise Alte Maz Kanata nannte. So weckt „The Force Awakens“ in manchen Momenten unangenehme Erinnerungen an die Episoden I bis III, die einem Wahn für spektakuläre Spezialeffekte verfielen und dabei die Geschichte vergaßen.
Wie viele tiefergehende Dialogszenen gestrichen wurden, lässt das (Hör-)Buch zum Film erahnen.
Der neue „Star Wars“ ist gelungen, mehr Tiefe hätte er dennoch vertragen können. Das Potenzial dafür hätte es gegeben: Wie viele tiefergehende Dialogszenen gestrichen wurden, lässt das (Hör-)Buch zum Film erahnen. Über zehn Stunden Laufzeit der Hörbuch-Variante verdeutlichen, dass in der Kinofassung zahlreiche Details fehlen. So sind die Dialoge zwischen Supreme Leader Snoke und Kylo Ren, zwischen Rey und Kylo Ren sowie zwischen Leia und Han Solo im Buch um einiges länger als auf der Leinwand. Es ist schade, dass diese Momente im Film fehlen, da sie dem Bösewicht Ren mehr Charaktertiefe verleihen und wichtige Hinweise geben, wie er von Snoke zur dunklen Seite verführt werden konnte. (Sprecher ist in der Originalversion des Hörbuchs übrigens Marc Thompson – wie bei vielen Büchern des Expanded Universe. Thompson imitiert die Stimmen der Filmschauspieler glaubwürdig.) Mit etwas Glück wurden einige dieser Szenen ursprünglich mitgefilmt, so dass sie als Deleted Scenes auf den Disc-Versionen veröffentlicht werden.
Update (10.01.16): Im Interview mit „Entertainment Weekly“ hat J. J. Abrams angekündigt, dass die Disc-Versionen des Films zwar keinen Extended Cut, dafür aber gelöschte Szenen enthalten werden. In der ursprünglichen Version habe der Film 2 Stunden 50 Minuten gedauert, für die Leinwand sei er dann auf 2 Stunden 16 Minuten heruntergeschnitten worden.
Update 2 (30.04.16): Die Hoffnungen waren umsonst, die gelöschten Szenen haben eher etwas von Outtakes. Inhaltliche Ergänzungen gegenüber der Leinwandfassung gibt es nicht. Vielleicht wird das für eine spätere Super-Special-Limited-Collector’s-Really-Serious-Fan-Edition aufgespart.
Fotos: Titelbild: tookapic auf Pixabay; Bild in der Mitte: aitoff auf Pixabay.